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Europäische Union

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Standpunkte Dr. Peter Jahr

Zitat: Die hohe Zahl der ankommenden Flüchtlinge kann uns nicht glücklich machen. Sie stellt uns nicht nur vor hohe gesellschaftliche Herausforderungen, sondern führt uns auch tagtäglich das Scheitern unserer bisherigen Außenpolitik vor Augen.

Flüchtlingskrise und kein Ende: Auch auf europäischer Ebene beschäftigt uns das Thema täglich. Die vergangenen Wochen haben eines gezeigt: Alleingänge einzelner Staaten führen ins Chaos. Die Herausforderungen können die Nationalstaaten alleine nicht bewältigen. Jetzt ist die Europäische Union in der Pflicht und muss ihrer Verantwortung gerecht werden. Die Verleihung des Friedensnobelpreises war ein Vorschuss der Weltgemeinschaft. Ob er gerechtfertigt war, soll die Zukunft zeigen.

Im Verantwortungsbereich der EU-Mitgliedsstaaten liegen ein effektiver Schutz der EU-Außengrenzen sowie eine Registrierung der Flüchtlinge, sobald sie den Boden der Europäischen Union betreten haben. Das ist unabdingbar für Hilfe: Wir müssen überhaupt erst einmal wissen, wer Asyl beantragt. Und nur, wenn diese Registrierung gleich an den Außengrenzen geschieht, können die Flüchtlinge mit einer Aufenthaltsberechtigung dann nach einem klar festgelegten Schlüssel auf die Mitgliedsstaaten verteilt werden.

Die hohe Zahl der ankommenden Flüchtlinge kann uns nicht glücklich machen. Sie stellt uns nicht nur vor hohe gesellschaftliche Herausforderungen, sondern führt uns auch tagtäglich das Scheitern unserer bisherigen Außenpolitik vor Augen.

Die Ende September von den Regierungschefs beschlossenen Maßnahmen sind ein erster Schritt. Allerdings ist zur Lösung der Krise mehr notwendig: Letztlich muss sich die EU der Verantwortung stellen, dass nur eine Bekämpfung der Ursachen der Fluchtbewegung langfristig Wirkung tragen wird. Für die Zukunft wäre ein dreistufiges Modell wünschenswert:

Als Erstes steht für mich die Hilfe zur Befriedung von politischen und sozialen Unruhen in jenen Ländern, aus denen Millionen Menschen auf der Flucht sind. Der Schutz der dortigen Zivilbevölkerung muss unser höchstes Anliegen sein.

Es wäre aber naiv zu glauben, dass wir in kürzester Zeit sämtliche Konflikte auf der Welt lösen und so Flüchtlingsbewegungen verhindern könnten. Beispiele wie der Nahostkonflikt mit Abermillionen von Flüchtlingen, die seit Jahrzehnten entwurzelt sind, zeigen, dass es ein weiter Weg sein kann, bis Lösungen gefunden sind. In diesen Gegenden sucht die UN seit langem schon, mit riesigen Flüchtlingslagern die Not der Menschen zu lindern. Der zweite wichtige Schritt wäre daher, für die Unterhaltung dieser Lager, in denen Flüchtlinge oft lange verweilen, ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Kürzung von Essensrationen diesen Lagern auf ein Drittel des täglichen Mindesternährungsbedarfs ist nämlich einer der Gründe für die aktuellen Fluchtbewegungen Richtung Europa.

Was aber wird mit den vielen Menschen, die sich dennoch nach Europa aufmachen, um dort jenes bessere Leben zu führen, dass ihr ihrer zerstörten Heimat nicht möglich ist? Hier ist eine Lösung, die auch von den Europäern getragen wird, nur möglich, wenn sie auf den Vorschlägen der EU-Regierungschefs aufbaut und diese noch erweitert: Als dritter Schritt müssen daher an den „Hotspots“, die an den Außengrenzen der Europäischen Union eingerichtet werden, alle ankommenden Flüchtlinge registriert werden. Schon dort aber sollte gleich über Anträge entschieden werden: Sind sie berechtigt, dann werden die Flüchtlinge nach einem gerechten Verteilungsschlüssel in eines der 28 EU-Länder weitergeleitet. Sind sie offensichtlich unberechtigt, dann werden die abgelehnten Asylbewerber in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt.

Die Folgen sind logisch: Selbst in Krisensituationen wie der aktuellen würden nur anerkannte Flüchtlinge in die EU-Staaten kommen. Diese zu schützen, ist nicht nur eine uns im Grundgesetz auferlegte Pflicht. Es ist auch ein moralisches Gebot, dem sich der Friedensnobelpreisträger Europäische Union keinesfalls entziehen darf. Auf der anderen Seite muss beachtet werden, dass man ein System auch strukturell überfordern kann. Den Flüchtlingsstrom zu begrenzen hat also nicht nur eine außen- sondern auch eine innenpolitische Komponente.